Wir reden immer wieder neu über Führung und Leadership. Propagieren, dass es voran gehen müsse in Deutschland. Dass Führung nötig sei, Vision, Vorangehen. Führung eben – wer sie bestellt, soll sie haben. Aber was ist Führung ohne Folgende?
„Wirtschaftswunder“-Minister Robert Habeck rühmt sich zurzeit in einem aktuellen WDR-Podcast, dass Land vorangebracht zu haben wie kein anderer je zuvor. Er greift der Geschichtsschreibung voraus. Ob die Schreiber sich an seine Vorgaben halten?
Ja: Viele Leute in hoher Position neigen zu Selbstüberschätzung, overconfidence bias. Sie sind nachgewiesen schlechter in ihren Leistungen, aber das glauben sie nicht. Und deshalb können sie anderen gut einen vormachen. Das ist ihr narzisstisch geprägtes Wesen. Ein solches kann gut für Organisationen sein kann, vor allem am Anfang. Wenn es um das Neue geht, wenn radikale Veränderung ansteht. Also Musks Riesenrakete wäre nicht losgegangen, würde er sich mit Selbstzweifeln beschäftigen…
Kritikabsorbierer haben mehr Zeit
Gegen Kritik völlig unempfindlich zu sein, kann ein Vorteil sein. Aber spätestens hier kommen die Follower ins Spiel. Denn ohne starke Follower und systemische Schranken gibt es eine kaskadenförmige Entwicklung in der Nutzenbetrachtung: Der Schaden wird größer, steigt überproportional. Klassischerweise ist niemand mehr da (oder aktiv), um ihn zu begrenzen. Oder vielmehr: Hat niemand systemische Vorsorge getroffen.
Ich meine: Die Follower sind das Problem. Laissez-faire-Führung? Nein, Laissez-Faire-Follower. Fahrlässig versäumen sie es, „nein“ zu sagen. Verblendet glauben sie den süßen Worten. Sie klatschen, wenn es nichts zu klatschen gibt. Follower sind diejenigen, die die Machtkonzentration auf eine Person ermöglichen. Sie sind Führung, weil Führung ohne sie nichts ist.
Wir müssen nicht Leadership lehren, sondern Followership.
Das heißt: Wir müssen nicht Leadership lehren, sondern Followership. Wie geht kritisches Denken? Woran erkenne ich Selbstüberschätzung? Welche Mittel und Methoden gibt es, um Macht zu begrenzen? Wie können wir die positiven Seiten narzisstischer Persönlichkeiten – etwa Arbeitswut – nutzen, ohne uns ihren negativen auszuliefern. Die Antwort braucht ein Bewusstsein für Systeme und ihre Logiken. Und für die Macht der Follower.
Welche Art von Followern gibt es? Der folgende Überblick beruht auf Robert E. Kelley´s 5 Types of Follwers. Er spannt sie in einer Matrix auf – zwischen passiv und aktiv und kritischem und konformistischen Denken:
Der passive Follower (das Schaf): Macht, was die anderen machen
Der entfremdete Follower (Quiet Quitter): Macht, was man muss
Der vorbildliche Follower: Macht, weil er profitiert
Der konformistische Follower: Macht, weil man macht
Der pragmatische Follower: Macht, weil es es im Moment für ihn Sinn macht
Natürlich greift das zu kurz, weil systemische Aspekte eine große Rolle spielen. Die Kultur sorgt für Entfremdung. Konformismus ist auch eine Systemeigenschaft – man kann das nicht nur persönlich sehen.
Aber ich finde der Blickwinkel hilft mal den Blick auf die zu werfen, die unterm Radar laufen… Also lasst uns auf die Follower schauen!
Foto: Pixels, pexels-jens-johnsson-14223-66100
Der Beitrag Followership: Warum Mitläufer die Richtung bestimmen erschien zuerst auf Svenja Hofert.